Projektbeschreibung
Bearbeiter:in: Joana Gelhart, Christoph Lorke und Tim Zumloh
Von der ostwestfälischen Provinz zur florierenden Großstadt: Das Projekt erforscht die Geschichte der Stadt Gütersloh vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis heute. Seit 1945 hat Gütersloh vielfältige Verwandlungen durchgemacht und hat sich seither von einer vor allem durch Industrie, Handwerk und Landwirtschaft geprägten Klein- bzw. Mittelstadt zu einer prosperierenden Großstadt mit globalen Bezügen entwickelt. Zugleich nahm die Gütersloher Geschichte in vielerlei Hinsicht einen anderen Verlauf als die bundesdeutsche: Niedergangs- und Krisengeschichten „nach dem Boom“ (Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael) und die revolutionäre Dynamik eines umfassenden Strukturbruchs lassen sich für die Gütersloher Stadtgeschichte nur bedingt erzählen. Vielmehr ist eine Entwicklung von einer einst „kleinen Heidestadt“ hin zu einer ökonomisch bedeutenden Stadt mit global agierenden Unternehmen zu erkennen. Es gibt also im Vergleich zu anderen Städten und Regionen der Bundesrepublik einige Besonderheiten in Gütersloh. Diese gilt es, eingehender zu untersuchen.
Das Projekt untersucht in verschiedenen Teilprojekten die vielfältigen Wandlungen von Stadt und Stadtgesellschaft: von den unmittelbaren Nachkriegs- und Aufbaujahren über die Zeit des „Wirtschaftswunders“, von Strukturwandel und der Globalisierung, den Übergang der industriellen Moderne in die „Spät“- bzw. „Postmoderne“ bis in die unmittelbare Gegenwart hinein. In unterschiedlichen Feldern soll diesen Wandlungen nachgespürt werden: Wir beobachten die wirtschaftlichen Entwicklungen und Verflechtungen der Stadt und der dort ansässigen Unternehmen, die Kulturpolitik, die verschiedenen Arten der Zuwanderung und die damit verbundenen Mechanismen von Integration und Inklusion (aber auch von Ausgrenzung), die Digitalisierung, das Zusammenleben von Geschlechtern und Generationen, den Alltag der Gütersloherinnen und Gütersloher, ihre Freizeitgestaltung und ihr Konsumverhalten. Nachgezeichnet werden soll nicht nur, auf welche Weise die Stadt und ihre verschiedenen Akteurinnen und Akteure die Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte bewältigt haben. Neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung, die die Besonderheiten der Stadtgeschichte einem breiten Publikum näherbringen möchte, ist es außerdem das Ziel, eine öffentliche Auseinandersetzung der Gütersloherinnen und Gütersloher mit ihrer jüngeren und jüngsten Geschichte zu fördern. Für unsere Forschung sind wir auf Gütersloher Zeitzeug:innen und ihre Erinnerungen und Ansichten angewiesen. Über einen breiten Austausch zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft freuen wir uns.
Das Projekt wird in Kooperation mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) durchgeführt.