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Geschichte der LWL-Blinden- und Gehörloseneinrichtungen im 20. Jahrhundert

Bearbeiter: Jens Gründler

Die Forschung zur Geschichte der Gehörlosen und Sehbehinderten im 20. Jahrhundert mit besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus‘ ist erst in den vergangenen Jahren verstärkt auf die Agenda der Geschichtswissenschaften gerückt. Im Rahmen der Disability History wurde das Forschungsfeld deutlich erweitert. Dadurch rückten auch Fragen nach der Agency von ‚Betroffenen‘, dem Wechselverhältnis von Schüler:innen, Lehrer:innen und Pädagogik oder institutionellen Ambivalenzen in den Vordergrund.

Die Forschung zu den Schulen für Blinde und Gehörlose, die von der Provinz Westfalen, ab 1953 vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, betrieben wurden, ist ein Desiderat. Vereinzelt wurden archivalische Quellen für Darstellungen genutzt (vgl. z.B. Horst Biesold, Klagende Hände [1]). Systematische Darstellungen zu westfälisch-lippischen Einrichtungen, insbesondere nach 1945, fehlen jedoch völlig. Ausgehend von diesem Befund hat das LWL-Dezernat Jugend und Schule in Kooperation mit der LWL-Kulturabteilung das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte mit der Aufgabe betraut, ein Forschungsprojekt zu dieser Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus zu erstellen.

Eine zentrale Fragestellung des Projekts ist es, die Verstrickung von Lehrer:innen, Schulleitungen und Provinzial-Verwaltung in die nationalsozialistischen Verbrechen im Rahmen des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zu analysieren. Darüber hinaus werden Fragen nach dem Verhalten der Eltern und der Schüler:innen bearbeitet, die keineswegs eine homogene Gruppe darstellten. Die Einrichtung eines HJ-Bannes jeweils für "Blinde" und "Gehörlose" ist dafür ein eindrückliches Beispiel.

 

[1] Horst Biesold: Klagende Hände. Betroffenheit und Spätfolgen in bezug auf das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, dargestellt am Beispiel der "Taubstummen". Solms-Oberbiel 1988.

Die Geschichte der Gehörlosen und Sehbehinderten ist erst in den vergangenen Jahren verstärkt auf die Agenda der Geschichtswissenschaft gerückt.